Im Hauseingang liegt wieder dieser riesige Hund. Er kennt mich, rührt sich nicht, als ich über ihn steige. Die abgebrochene Oberfläche der ledernen Wandtapete fällt mir nicht auf. Den Kopf. Dahinter Hundstage. Korridore vollgestopft mit Fell. Wenigstens gibt es Bohnerwachs. Der Geruch der frisch gebohnerten Treppe hängt noch immer in meiner Nase, wenn ich an die Cöthener Strasse denke. An den Glanz und den Schatten im Treppenhaus. Das winzige WC-Stübchen zwischen den knarrenden Stufen. Halbe Treppe. Halbes Leben Angst vorm Pinkeln. Vorm Verschluckt Werden in den düsteren Schlund dieser kleinen Welt. Dieser Welt, die meine Kindheit war, hier im Inneren des gründerzeitlichen Hauses. Neunzehntes Jahrhundert. Die Kellerabteile voller Briketts. Schwarzer Staub in der Lunge und Blecheimer voller Gold. Der Kachelofen bullert Wärmeschwaden in die gute Stube und deckt die Setzkastenfiguren mit feinem Staub ein. Die Sammeltassen sind hinter Glas. Spiegeln den sanften Wohlstand. Nur der Napf mit dem Hundefutter steht offen. Saumagen vermengt mit dem Geruch von Bohnerwachs und heisser Asche. Die Modernisierung bricht erst viele Jahre später an. Nur der Nachbar hat nichts davon. Die Hundehaufen vorm Eingang bleiben auch in der modernen Welt einfach Scheisse am Schuh.
Die vergilbten schwarz weiss Fotos erzeugen Nostalgie. Ich denke an den Tannenbaum, an dem jetzt wieder Kerzen brennen. Träumen lassen. In den Himmel und sonst wohin. Vater holt den Schmuck aus dem Keller. Mundgeblasen. Die kostbare Spitze reckt sich gegen die Zimmerdecke. An diese sichtbare Grenze nach oben.
Der Hund im Hauseingang hebt seinen schweren Körper, schüttelt das Fell ins Treppenhaus und trabt dann gemächlich zur Hintertür. Hinaus in den kleinen Hof. Wo jetzt Lichterketten.