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NM.

Verrückungen




Neulich wurde ich verrückt. Aus der Zeit gestellt. Verschoben. Und überhaupt, wieso kann nicht einfach immer alles laufen, wie ich es gewohnt bin? Aufstehen um 6:45 Uhr, Tee, Morgenwäsche, Ankleiden, möglichst in dieser Reihenfolge. Um 7:24 Uhr, und zwar genau dann, aus dem Haus zum Bus, das sind 320 Meter. Schuhe anziehen, Haustür aufschliessen und wieder abschliessen, und dies ist sehr wichtig, damit die Türe nicht nur halb in die Falle schnappt und womöglich morgendliche Strolche ins Haus schleichen, um dann in den Kellerabteilen herumzulungern. Die Tür muss wieder zu, das ist ganz klar. Also: 7:24 Uhr plus Schuhe plus Treppe plus Haustür plus 320 Meter ergibt 3 Minuten und 30 Sekunden. Dann bin ich genau um 7:27 Uhr und 30 Sekunden an der Bushaltestelle. Bequem gelaufen, nicht gerannt, nicht gehetzt, und der Bus fährt um 7:28 Uhr ein. Immer pünktlich. Immer im Takt. So kann der Tag beginnen, taktvoll und entspannt.

Der Bus rollt, die Smartphones flimmern und hüllen die Fahrgäste in Schweigen. Das Ziel ist klar, die Uhr tickt und das Kind im Wagen ist still. Wenn nicht, wie neulich mit einem Mal und ohne, dass es jemand bemerkt hätte, der Chauffeur im Sekundenschlaf und die Karosse vom Weg abgekommen wäre. Sich peu à peu entfernt hätte vom oberleitenden System. In eine linke Strasse abbog, die gar nicht auf der Wegstrecke, ganz zu schweigen von der Zeit, die plötzlich nicht mehr stimmte. Ich klammerte mich also an einer Halterung fest, versuchte zu begreifen und neu zu koordinieren. Die Verschiebung wieder zu verschieben, und zwar so, dass ich am Ende dort gewesen wäre, wo ich hinwollte. Gleicher Ort, gleiche Zeit. Kann das vielleicht mal jemand programmieren! Das Leben könnte so einfach sein.


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