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  • NM.

Würde



















Grafik: Anja Müller, Leipzig 2017

Ich sitze auf diesem kleinen Sitz in dieser kleinen Maschine und starre durch das runde Auge auf den Himmel. Wie er langsam vorüberzieht, die Wolken gleiten elegant. Die Entfernung zu meinem Sitznachbarn beträgt nur wenige Zentimeter. Genauso, wie die Schicht zwischen mir und dem Aussen. Glasfaserverstärktes Aluminium, aussen poliert, beschriftet. Thermik. Dieses Dauergeräusch umspült meine Ohren, wirkt beruhigend und auch wieder nicht.

Kinderlachen in den Reihen hinter mir.

Die Krieger versammeln sich auf dem Dorfplatz. Sie haben ihre Gewehre auf dem Rücken und viel Munition um die Brust. Sie werden in die Dörfer ziehen, die nur wenige Meilen entfernt liegen und sie werden töten. Sie werden die Frauen nehmen und werden sie töten. Sie werden die Kinder töten und die Alten. Sie werden die Hütten in Brand setzen und Trophäen hinterlassen.

Zeichen

Mein Sitznachbar ist eingenickt, sein Kopf fällt immer wieder zur Seite, berührt fast meine Schulter. Ich entscheide mich noch nicht gleich, aber ich sorge vor. Wenn er näherkommt, werde ich ein Zeichen setzen. Der Abstand muss gewahrt bleiben, das ist mir wichtig. In der Fremde.

Die Kinder schlafen mittlerweile auch. Es ist seltsam still. Hermetisch abgeschlossen.

Die Stille im Dorf übertönt die Brandasche. Aufgespiesste Köpfe stecken an Pfählen im Sand und die kalten Augen starren. Wo die kleinen nackten Füsse Spuren hinterlassen haben. Weht jetzt ein lauer Wind Richtung Westen.

Der Flugkörper gleitet über Schall und Rauch. Hinterlässt einen weissen Streifen am Himmel, der sich langsam auflöst, bevor er ganz verschwindet.


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